Herausforderungen der Wasserwirtschaft in Deutschland

Das Bild zeigt einen jungen Facharbeiter in einem Pumpwerk der Berliner Wasserbetriebe und dient als Titelbild für das Thema „Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in Deutschland“.

Reden wir einmal über Wasser! Die Wasserwirtschaft in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen, die durch den Klimawandel, die demografischen Trends und steigende Umweltbelastungen verschärft werden. Diese Herausforderungen betreffen nicht nur die Sicherstellung einer ausreichenden Trinkwasserversorgung, sondern auch die effiziente Entsorgung und Reinigung von Abwasser. Zur Lösung dieser Probleme stellen sich auch Aufgaben für M&A-Berater beim Kauf und Verkauf von Unternehmen.

Verschaffen wir uns eingangs erst einmal einen Überblick über die Branche: Unter den unmittelbar in der Wasserversorgung oder Abwasserreinigung tätigen Firmen finden sich überwiegend Unternehmen im Eigentum einer öffentlichen Hand, meist der Kommunen. Nur 17% der (Ab)Wassermenge fließt durch die Rohre privater Gesellschaften, hinzu kommen 22% des Wassers, das durch gemischte öffentlich-privatrechtliche Unternehmen behandelt wurde. (Quelle: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V., Zahlen von 2018 auf der Basis von 1.579 Unternehmen).

Branchenübersicht Wasserwirtschaft: Abweichende Angaben

Das Lieferverzeichnis „wlw“ (ehem.:„Wer liefert was“) kennt unter dem Stichwort Wasserwirtschaft gerade einmal 80 Firmen in ganz Deutschland. Statista zählt 763 private Unternehmen, die 2020 in Deutschland im Bereich Wasser und Abwasser tätig waren – fast 150 Anbieter mehr als noch zehn Jahre zuvor. Überwiegend dürfte es sich dabei um Zulieferbetriebe handeln. Berthold Niehues vom DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. nennt gegenüber INTAGUS hingegen die Zahl von rund 5.600 wasserwirtschaftlichen Unternehmen: „Rund 90% davon haben weniger als 20 Mitarbeitende, so dass sie in der amtlichen Umsatz- und Investitionsstatistik nicht berücksichtigt werden.“

Die Vielfalt der für die Wasserwirtschaft benötigten Produkte und Dienstleistungen geht aus einem Online-Branchenführer der DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. hervor: Dieser Branchenführer, das internationale Firmenverzeichnis für Dienstleistungen und Produkte der Wasser- und Abfallwirtschaft, zählt 22 Hauptkategorien auf, vom Anlagenbau bis zu branchenspezifischen Bildungsanbietern, wobei die Tiefbaubranche sogar noch weitgehend ausgespart ist.

Zulieferbeispiel Wasserwirtschaft - Die Wunderbare Welt der Pumpen

Allein unter dem Stichwort Pumpen (Rubrik: Pumpwerke, Hebeanlagen) finden sich: Abwasserpumpen, Dickstoffpumpen, Dosierpumpen, Exzenterpumpen, Freistrompumpen, Handpumpen, Hochdruckplungerpumpen, Kanalradpumpen, Kellerentwässerungspumpen, Kolben-, Kreisel-, Mammut- und Druckluftpumpen, Membranpumpen, Mischpumpen, Panzerpumpen, Propellerpumpen, Pumpen für Wärmeaustauscher, Pumpen mit Schneidwerk, Rohschraubenpumpen, Säure- und Laugenpumpen, Schraubenradpumpen, Spiralförderer, Wasserstrahl- und Wirbelradpumpen sowie Zerreißpumpen.

Der Fachverband Pumpen + Systeme im VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. organisiert 110 in Deutschland vertretene Pumpenhersteller. Digitalisierung, Energieeinsparung und der Fachkräftemangel gelten – wen wundert es – auch in dieser Branche als aktuelle Top-Themen.

Nebenbei bemerkt: Klärwerke zählen zu den Großverbrauchern von Strom. Die Anlagen werden noch weitgehend analog gesteuert, so dass die digitale Transformation große Anstrengungen erfordert.

Laut einer von Statista zitierten Prognose soll der Umsatz der Branche „Pumpen und Kompressoren“ im Jahr 2025 knapp 13 Milliarden € betragen. Andererseits erwirtschafteten – ebenfalls nach Nennung durch Statista – im Jahr 2020 die privatwirtschaftlichen Unternehmen aus dem Bereich Wasserver- und Abwasserentsorgung in Deutschland einen Umsatz in Höhe von rund 18,8 Milliarden Euro. Diese Angaben deuten auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der (Ab)Wasserwirtschaft hin.

Unternehmensbeispiel Wasserwirtschaft: Firma „Pumpen Lehmann GmbH“ in Berlin

Als Vertriebspartner und Servicepunkt für die wichtigsten Pumpen-Hersteller zählt die „Pumpen Lehmann GmbH“, mit Sitz in Berlin-Neukölln zu den größeren regionalen Betrieben dieser Branche. Einst waren dort bis zu 70 Mitarbeitende beschäftigt, inzwischen sind es nur noch rund 40. Seit 2022 gehört das 1985 gegründete Unternehmen zur Klaus Daume Holding GmbH bzw. zur Daume-Gruppe, einem Komplettanbieter im Bereich der Versorgungstechnik mit 1.200 Mitarbeitenden an über 40 Standorten und dem Firmensitz im niedersächsischen Duderstadt. Das „Schicksal“ von Pumpen Lehmann ist damit einerseits ein Beispiel für den Ausgang der Berliner Gründungswelle in den 1980iger Jahren mit dem nun anstehenden Verkauf vieler Firmen in Berlin, anderseits für den Konzentrationsprozess, der auch die Versorgerbranche zunehmend erfasst.

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Im Fokus von INTAGUS: Wasserwirtschaft als nachhaltige Branche

Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen oder mit Produkten, die für nachhaltiges Wirtschaften benötigt werden, stehen im Fokus der Marktbeobachtung durch INTAGUS. Alle wirtschaftlichen Aktivitäten rund um unser Wasser zählen sicherlich hierzu! Um die Herausforderungen in diesem Bereich und insbesondere in unserer Heimatregion Berlin-Brandenburg besser zu verstehen, sprach das INTAGUS-Team am 02.11.2023 mit Dirk Pritsch, dem Koordinator des „MARIS Berlin Brandenburg“ Management urbaner Wasserkreisläufe. In diesem Netzwerk haben sich 35 Unternehmen aus Berlin und Brandenburg mit 1,8 Mrd. € Umsatz und ca. 9.700 Beschäftigten organisiert. Zur Diskussion mit Herrn Pritsch gesellte sich als aktiver Zuhörer auch der M&A-Kollege Martin Dolling, der sich wie INTAGUS im Beraternetzwerk Ostbrandenburg engagiert.

Das Bild zeigt Dirk Pritsch, Manager des Netzwerks „Maris Berlin-Brandenburg“, bei einem Besuch in den Geschäftsräumen von INTAGUS und dient als Illustrations-bild für das Thema „Herausforderungen für die Wasserwirtschaft“.

Dirk Pritsch, Manager des Netzwerks „Maris Berlin Brandenburg“, zu Besuch und Vortrag bei INTAGUS am 02.11.2023.

Herausforderungen der Wasserwirtschaft: Unabweisbarer Investitionsbedarf

1. Geoklimatische Veränderungen und Wasserknappheit: Geoklimatische Veränderungen führen zu veränderten Niederschlagsmustern und häufigeren Extremwetterereignissen, was die Verfügbarkeit von Wasser beeinträchtigt. Perioden von Dürre und Wasserknappheit stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Trinkwasserversorgung dar, aber auch für die Landwirtschaft. Im Agrarsektor „…war die Bewässerungsmenge im Jahr 2018 mit 707 Millionen Kubikmeter mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2010 mit 339 Millionen Kubikmeter.“ Zusammen „…weisen die Jahre 2018 und 2019 (623 Millionen Kubikmeter) die beiden höchsten Bewässerungsmengen der gesamten Zeitreihe seit 2001 auf.“, berichtet das Statistische Bundesamt.

Die Wasserentnahme aus dem Grundwasser und aus Flüssen in den Bereichen Bergbau und Energiewirtschaft ist hingegen rückläufig, insbesondere durch die Abschaltung von Kernkraftwerken, für die nun kein Kühlwasser mehr benötigt wird. Detaillierte Informationen dazu finden sich dazu in der Pressemitteilung Nr. 414 von DeSTATIS.

Obwohl auch der durchschnittliche Trinkwasserverbrauch rückläufig ist, muss die Versorgungsstruktur dennoch auf den Spitzenbedarf an heißen Sommertagen ausgerichtet sein.

Exkurs: Ein Klima wie in Eritrea?

Dirk Pritsch eröffnete sein Referat mit Informationen über Klimadaten: „In Berlin-Dahlem regnete es beispielsweise im letzten Jahr so wenig wie in Eritrea*, und die Durchschnittstemperatur lag in einigen Monaten bereits um mehr als 2 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel.“

*Eritrea ist ein Land im nordöstlichen Afrika, das an das Rote Meer grenzt. Während es in Frühjahr und Herbst in den Hochregionen noch gemäßigten Regen gibt, sind große Teile des Staatsgebietes von der riesigen Danakil-Wüste bedeckt. Dies ist eines der lebensfeindlichsten Gebiete der Welt. Es gibt dort kein Wasser, keine Pflanzen und fast keine Tiere. Mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 35,6° Celsius ist sie der heißeste Ort der Welt – vereinzelt wurden schon Temperaturen von bis zu 60° Celsius gemessen.

Das Bild zeigt einen Landschaftsausschnitt der Danakil-Wüste am westlichen Rand des Roten Meers und dient als Illustrationsbild für das Thema „Herausforderungen für die Wasserwirtschaft“.

Die Danakil-Wüste erstreckt sich an der Küste des Roten Meeres auf 136.956 km2 über die Staaten Eritrea, Athiopien und Somalia. Foto: Wikimedia; Foto von Rolf Cosar – Eigenes Werk.

2. Veraltete Infrastruktur: Ein Großteil der deutschen Wasser- und Abwasserinfrastruktur ist veraltet und sanierungsbedürftig. Leitungsverluste und ineffiziente Systeme führen zu Wasserverschwendung und unnötigen Kosten.

Das Grafik zeigt die die Entwicklung der Investitionen in der öffentlichen Wasserversorgung von 1991 bis 2021 Der steigende Investitionsbedarf gehört zu den im Artikel beschriebenen „Herausforderungen für die Wasserwirtschaft“.

Sanierung und Modernisierung der öffentlichen Wasserversorgung führen zu einem langfristig steigenden Investitionsbedarf, insbesondere bei den Rohrleitungen Dieser Trend ist seit dem Jahr 2009 deutlich ablesbar.

3. Bevölkerungsanstieg und Urbanisierung: Die wachsende Bevölkerung und die zunehmende Urbanisierung erhöhen den Wasserbedarf. Städte und Ballungsräume benötigen effiziente Systeme, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.

Auf der anderen Seite führt die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Großstädte zu einem Bevölkerungsrückgang in Dörfern und Kleinstädten. „Nicht zuletzt in einigen Regionen Brandenburgs hat das zur Folge,“, berichtete Dirk Pritsch, „dass bestehende kommunale oder regionale Versorgungsstrukturen eigenständig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Entsprechend kommt es zu Konzentrationsprozessen bei den Versorgungsunternehmen.“ Bislang gibt es in Brandenburg nach Angaben des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. noch 92 Unternehmen, die für die Trinkwasserversorgung zuständig sind, und 225 Gesellschaften im Bereich der „Stadtentwässerung“. Bei Fusionen der (meist kommunalen) Versorger dürften dann auch etablierte Zulieferstrukturen gefährdet sein.

4. Belastung durch Industrie und Landwirtschaft: Industrielle Abwässer und landwirtschaftliche Verschmutzungen tragen zur Wasserbelastung bei. Chemische Rückstände und Nährstoffe können Gewässer stark schädigen und die Trinkwasserversorgung gefährden.

Besondere Probleme bereiten die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ (PFAS = per- und polyfluorierte Chemikalien). Von ihnen gibt es rund 10.000 bekannte Verbindungen. Sie gelangen durch industrielle Prozesse (z.B. wasserabweisend beschichtete Textilien) und Pharmazeutika (insbesondere Schmerzmittel) in den Wasserkreislauf. „Gegen Ende des Jahrzehnts werden wir wahrscheinlich flächendeckend in eine vierte Stufe der Abwasserreinigung investieren müssen.“, sieht Dirk Pritsch voraus.

5. Sonderfaktor Braunkohletagebau: Die klimatisch bedingte zunehmende Trockenheit betrifft ganz Deutschland. In Berlin und Brandenburg ergeben sich jedoch zusätzliche Probleme durch die Auswirkungen des Braunkohletagebaus in der Lausitz: Um die Gruben trocken zu halten, wird der Grundwasserspiegel durch Pumpen abgesenkt – mit weiten Auswirkungen auf die Region. In der Folge kommt es zu kritischen Versorgungslagen wie bei der Diskussion um die Tesla-Gigafactory. „Dort soll das Problem mit einem weitgehend geschlossenen Kreislauf für das in der Produktion benötigte Wasser gelöst werden.“, berichtete Dirk Pritsch. „Andere Industriebetriebe werden sich das künftig zum Vorbild nehmen müssen.“

Das für den Bergbau abgepumpte Grundwasser führt man aktuell dem Oberlauf der Spree zu. Dadurch führt die Spree nun zwar ganzjährig ausreichend Wasser, muss aber zur Trinkwassergewinnung von eisenhaltigen Verunreinigungen befreit werden.

Wenn aber – wie politisch beschlossen – die Braunkohleförderung in den 2030iger Jahren eingestellt wird, droht dem Unterlauf der Spree jeweils im Sommer wieder jene Ebbe, die vor Beginn der Braunkohleförderung regelmäßig eintrat. Da 70% des Trinkwassers für die Berliner aus Uferfiltrierungsanlagen der Spree gewonnen werden, ist eine Wassernotlage absehbar.

Das Umweltbundesamt spricht in einer Studie über die wasserwirtschaftlichen Folgen der Transformation in der Lausitz deshalb von „…großen Herausforderungen für die Bundeshauptstadt.“ Bemerkenswert ist zudem die folgende Aussage: „Eine Wasserstoffproduktion größeren Umfangs wird im Spreegebiet nicht möglich
sein.“

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Lösungsmöglichkeiten für die Wasserwirtschaft: Mehrfache Ansatzpunkte

1. Nachhaltige Wasserbewirtschaftung:

Eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung ist unerlässlich. Dazu gehören effiziente Wassernutzung, die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für Bewässerungszwecke und Investitionen in Regenwassermanagement. „Für Neubauprojekte etwa dürften zusätzliche Rohrsysteme und Anlagen für das Grauwasserrecycling, also die lokale Reinigung und Wiedernutzung von Dusch- und Küchenabwasser, üblich werden.“, erwartet Dirk Pritsch. „Vor den zusätzlichen Kosten muss man keine große Sorge haben – der Aufwand ist weitaus geringer als Laien glauben.“ Weitere Informationen hierzu liefert zwei Beiträge der RBB Abendschau zu Innovativen Wasserkonzepten und dem Grauwasserrecycling.

2. Modernisierung der Infrastruktur:

Die Modernisierung bestehender Wasser- und Abwasseranlagen ist entscheidend, um Wasserverluste zu minimieren und die Effizienz zu steigern. Investitionen in neue Technologien und innovative Lösungen können dazu beitragen, die Verluste zu reduzieren.

3. Intelligente Wasserwirtschaft:

Der Einsatz von intelligenten Technologien wie Sensoren und Datenanalyse kann dabei helfen, den Wasserverbrauch zu überwachen, Leckagen frühzeitig zu erkennen und die Ressourcennutzung zu optimieren.

4. Förderung von Forschung und Entwicklung:

Forschung und Entwicklung im Bereich der Wasser- und Abwassertechnologien sind von entscheidender Bedeutung, um effiziente Methoden zur Wasserreinigung und -aufbereitung zu entwickeln. In Berlin verfügt die Technische Universität dazu über sechs einschlägige Fachbereiche:

  • Siedlungswasserwirtschaft
  • Umweltverfahrenstechnik
  • Wasserwirtschaft und Hydrosystemmodellierung
  • Fluidsystemdynamik
  • Geohydrologie
  • Umweltmikrobiologie

Auch die Universität Magdeburg besitzt – schon seit DDR-Zeiten – im Bereich der Wasserwirtschaft einen hervorragenden Ruf.

5. Umweltbewusstsein fördern:

Die Sensibilisierung der Bevölkerung für den sparsamen Umgang mit Wasser und die Vermeidung von Verschmutzung ist von großer Bedeutung. Aufklärungskampagnen können dazu beitragen, das Bewusstsein für die Wertigkeit von Wasser zu schärfen und umweltfreundliches Verhalten zu fördern. „Für Industriebetriebe kann dies in künftigen Trockenperioden auch bedeuten, dass ihre behördlich garantierten Wasserrechte praktisch nicht mehr eingelöst werden könnten.“, warnt Dirk Pritsch. Der BDEW fordert schon heute: „Wasserentnahmerechte sollten … entsprechend dem Hitzeverlauf und dem sich hieraus ergebenden Wasserbedarf in den Sommermonaten temporär flexibler gestaltet werden.“

6. Internationale Zusammenarbeit:

Da Wasser keine nationalen Grenzen kennt, ist eine internationale Zusammenarbeit wichtig. Der Austausch von Know-how und Ressourcen zwischen Ländern kann dazu beitragen, effektive Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Für die Region Berlin-Brandenburg sind damit die Nachbarländer Polen (Oder) und Tschechien (Elbe) die natürlichen Partner.

7. Infrastrukturelle Großprojekte:

Zum Ausgleich absehbarer Niedrigwasserstände der Spree wird inzwischen über Stichkanäle an die Elbe und Oder diskutiert, um von dort Wasser abzuleiten. „Das allerdings dürfte nur in den regenreichen Jahreszeiten Frühjahr und Herbst möglich sein.“, gibt Dirk Pritsch zu bedenken. „Um dann in einem trockenen Sommer Wasser für die Spree zu haben, braucht man große Zwischenspeicher wie etwa Talsperren.“ Der Investitionsbedarf dafür dürfte im zwei- bis dreistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen. „Die [Kosten]Frage lässt sich pauschal schwer beantworten, da es sehr viele technische Möglichkeiten für eine Talsperre gibt.“, erläutert dazu Dr.-Ing. habil. Uwe Müller, Geschäftsführer des DTK Deutsches Talsperrenkomitee e. V., auf Anfrage von INTAGUS: „Insbesondere die von der Nutzung abhängigen Stahlwasserbauteile und technischen Ausrüstungen können die Kosten stark beeinflussen. Bei den heutigen Baupreisen müsste man sicherlich mehr als 50 Mio. Euro ansetzen.“ Nach einem Bericht der „Westfalenpost“ (Ausgabe vom 11.06.2022) rechnet der Kreis Siegen-Wittgenstein vergleichsweise mit 300 Millionen Euro für den Neubau einer Talsperre.

8. Rechtlicher Rahmen:

„Eine Reihe von wasserwirtschaftlichen Gesetzen und Verordnungen sind schlicht veraltet.“, beklagt Dirk Pritsch. „Sie binden die Verwaltung an unsinnige Verfahren und behindern moderne Lösungen, so etwa bei der Ableitung von Regenwasser.“ Neuregelungen sind allerdings meist umstritten und leiden unter Zielkonflikten. Beispielweise kann die Wiederverwendung von Wasser das Trinkwasseraufkommen reduzieren.

Aktuell diskutieren die Politiker insbesondere über eine geplante EU-Kommunalabwasserrichtlinie. Dazu schreibt die EU-Kommission: „Kommunales Abwasser, das nicht ordnungsgemäß gesammelt und behandelt wird, ist eine der Hauptquellen für die Wasserverschmutzung. Die derzeit geltende Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser ist mehr als 30 Jahre alt. … Es gibt jedoch Verschmutzungen, die nicht Gegenstand der geltenden Vorschriften sind und angegangen werden müssen, damit bis 2050 das Ziel einer schadstofffreien Umwelt erreicht wird. … Die Abwasserwirtschaft ist einer der größten Energieverbraucher im öffentlichen Sektor. In der überarbeiteten Richtlinie wird daher auch ein Ziel für die Energieneutralität des Sektors festgelegt.“ Wie immer geht es dabei darum, wer die Kosten zusätzlicher Maßnahmen tragen soll. Für die Wasserwirtschaft ist jedoch in jedem Fall ein zusätzlicher Konjunkturimpuls zu erwarten.

9. KMU-Strukturen der Wasserwirtschaft erhalten:

Wasserwirtschaft ist weitgehend eine dezentrale, regional gebundene Aktivität. Bürgermeister und regionale Wirtschaftsförderer sollten daher darauf achten, dass die weitgehend mittelständischen Zuliefererketten in ihrem Einzugsbereich erhalten bleiben. Beispielweise ist selbst vor der Installation einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe ein hydrologisches Gutachten erforderlich, um die Grundwasserqualität und den Standort zu ermitteln. Hydrologische Gutachter sind jedoch eine „seltene Spezies“, und meist handelt es sich um hoch spezialisierte, aber kleine und inhabergeführte Unternehmen. Im Zuge erfolgloser Unternehmensnachfolge oder von Fusionsprozessen wie im Beispiel von Pumpen Lehmann können einer Region Fachkräfte verlorengehen. Politisch gesteuerte M&A-Prozesse könnten hingegen zu leistungsfähigen und regional stabil verwurzelten Unternehmenseinheiten beitragen.

Zusammenfassung: Wasserwirtschaft in Deutschland

Wenn es also um unser Wasser geht, brauchen wir in Deutschland ganzheitliche Lösungen. Sie sollten politische Maßnahmen umfassen, Investitionen in Infrastruktur und Forschung bis hin zur Förderung eines umweltbewussten Verhaltens. Nur durch gemeinsame Anstrengungen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene kann eine nachhaltige Wasser- und Abwasserwirtschaft sichergestellt werden.

Hinweis: Diese Informationen enthalten keine rechtliche oder steuerrechtliche Beratung und können eine solche auch nicht ersetzen. Falls Sie weitergehende rechtliche oder steuerrechtliche Beratung benötigen, empfehlen wir auf Wunsch gern geeignete Ansprechpartner.

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Leiter Mergers & Acquisitions | INTAGUS GmbH
Martin Pfefferlein verantwortet bei INTAGUS den Bereich Mergers & Acquisitions. Er war während seiner beruflichen Laufbahn sowohl in Unternehmensberatungen, wie auch Wirtschaftskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig. Er verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung in Mergers & Acquisitions, Restrukturierung und Sanierung. Bei uns liegt sein Schwerpunkt gemeinsam mit seinem M&A-Team auf der Begleitung und Steuerung von Transaktionsprozessen auf Verkäufer- oder Käuferseite, der Erstellung von Transaktionsdokumenten, Legal & Commercial Due Diligence. Er hält einen Abschluss als Master of Laws (LL.M.) und ist zudem zertifiziert als Berater für M&A Transaktionen.
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