Nachfolgemonitor 2020: Die Situation spitzt sich zu
Am 29.09.2020 wurde der neue Nachfolgemonitor vorgestellt, Corona-bedingt anders als im Vorjahr als reine Onlinepräsentation. Als Herausgeber freut es mich besonders, dass unsere Kooperationspartner auch in diesem schwierigen Jahr keine Zeit und Mühen gescheut haben, an unserer gemeinsamen Untersuchung des Nachfolgegeschehens mitzuwirken. Vielen herzlichen Dank vorab also an alle Bürgschaftsbanken, den VDB und Creditreform Rating für die wieder einmal hervorragende und inspirierende Arbeit am Nachfolgemonitor 2020 (kurz NM20)!
In diesem zweiteiligen Blogbeitrag möchte ich gern einen kurzen Überblick über die Schwerpunkte geben, die wir in unserer Präsentation heute zu Übergebenden und Übernehmenden (Teil 1) sowie zu Unternehmen, Transaktionen und zum Special Ökonomische Nachhaltigkeit (Teil 2) gesetzt haben. Sie können sich übrigens den Nachfolgemonitor und die alle zugehörigen Materialien und Unterlagen kostenlos herunterladen unter www.nachfolgemonitor.de. Dort finden Sie auch Möglichkeiten, mit uns für Ideen, Anregungen und Feedback in Verbindung zu treten.
Wie Sie vielleicht wissen, untersucht der Nachfolgemonitor Daten von tatsächlich durchgeführten Unternehmensübergaben. Wir sind daher in der Lage, Informationen zu den Übergebenden, den Übernehmenden, den Unternehmen selbst und zu den Transaktionen (den Übertragungen) auszuwerten. Diese vier Untersuchungsobjekte bilden daher auch den Kern der Auswertungen und Analysen.
Aber auch die Medaille hat zwei Seiten. Betrachtet man auch die Quoten der Unternehmer/innen, die 60 Jahre und älter sind, kann man daraus ablesen, wie stark die Zahlen in 65+ in naher Zukunft steigen werden. Hier sind es für die jungen Bundesländer nicht gut aus, denn sie alle müssen wohl mit mindestens einer Verdopplung der Unternehmer/innen im Alter von 65 oder darüber rechnen.
Nachfolgemonitor 2020
Nachfolgemonitor 2020: Das Alter der Unternehmer bei der Übergabe steigt
Das Positive am Nachfolgemonitor ist, dass wir durch die Betrachtung von Zeitreihen Änderungen erkennen und evtl. in Politik und Gesellschaft schneller als bisher darauf reagieren können.
Eine dieser Entwicklungen ist die des Alters im Jahr der Übergabe. Hier hatte der Nachfolgemonitor 2020 zu berichten, dass die Übergebenden 2019 im Mittel (sowohl im Durchschnitt als auch im Median) ein ganzes Jahr älter waren, als es die Jahre 2013-2018 der Fall war. Das Durchschnittsalter ist somit auf 62 gestiegen.
Das liegt vor allem daran, dass es deutlich weniger „Frühergebende“ gab – also Übergebende, die höchstens Mitte 50 waren. In den Vorjahren war gerade ihr Anteil deutlich höher.
Der Anstieg des Alters bei Übergabe mag ein Indiz dafür sein, dass es für Unternehmer/innen bereits letztes Jahr immer schwieriger geworden ist, noch einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. Wohlgemerkt, wir sprechen über 2019 – also Vor-Corona-Zeiten. Allerdings war auch 2019 bereits ohne Kriseneinflüsse eine wirtschaftliche Schwäche zu verspüren, die evtl. auch zu einer Zurückhaltung bei Nachfolgen geführt haben könnte.
Deutlich ist aber nach wie vor, dass die meisten Übergaben zwischen 60 und 66 erfolgen, 2019 waren das 40%. Danach wird deutlich seltener übergeben, allerdings sind immer noch mehr als 10% er Übergebenden 70 und älter. Der Anteil der Übergebenden der Altersgruppe 80+ war 2019 mit 2% auch deutlich über dem langjährigen Durchschnitt angesiedelt.
Insgesamt scheint die Annahme daher plausibel zu sein, dass es immer schwieriger wird, einen Übernehmenden zu finden. Unternehmer/innen, denen das nicht rechtzeitig gelingt, müssen sich daher auf längere Suchphasen und eigene längere Lebensarbeitszeiten einrichten, wollen sie ihre Firma nicht schließen.
Bei INTAGUS sehen wir uns daher in unserer Erwartung bestätigt. Der bereits 2013 abzusehende Anstieg des Nachfolgebedarfs war für uns Grund und Anlass, unsere Unternehmung zu gründen und den mittelständischen Unternehmern und Unternehmerinnen effektiv bei der Suche nach geeigneten Käufern zu unterstützen.
Anteil der übernehmenden Nachfolger sinkt weiter
Dem überproportionalen Anteil an Übergebenden in der gesamten Unternehmerschaft stehen unterdurchschnittlich viele Übernehmende gegenüber. Die Anzahl der Nachfolgen stagnierte auf dem Vorjahresniveau, wobei der Anteil der Übernehmerinnen leider wieder deutlich gesunken ist und sich nun wieder auf dem Niveau von 2015/16 bewegt.
Die Frauenquote bei den Übernehmenden bewegt sich somit im langfristigen Durchschnitt noch immer bei über 20%, was nach wie vor deutlich unter dem Anteil weiblicher Führungskräfte (ca. 34%) oder gar dem Anteil von Frauen an der Erwerbsbevölkerung (ca. 45%) liegt. Allerdings sieht es beim Frauenanteil auch bei Start Ups nicht besser aus; der ebenfalls heute vorgestellte Start-Up Monitor 2020 weist eine Frauenquote von nur knapp 16% aus, die demnach sogar noch unter der Quote bei den Übernehmerinnen liegt. Lediglich im Bereich der allgemeinen Existenzgründungen (die also nicht der Start-Up Definition entsprechen) erreicht nach dem KfW-Gründungsmonitor 2020 der Anteil der Gründerinnen mit 36% das Niveau wie bei den Führungskräften.
Da wir aber schon beim Vergleich von Nachfolgen und Start-Ups sind, hat uns auch interessiert, wie sehr sich diese beiden Formen der Existenzgründung hinsichtlich der Frage unterscheiden, ob man alleine den Weg geht oder gemeinsam mit einem Team. Das Ergebnis war eindeutig: während Start-Ups zu über 75% von Teams gegründet werden, werden Unternehmen nur von 17,5% von Teams übernommen.
Dieser Unterschied ist sehr prägnant. Wir gehen davon aus, dass die niedrige Quote von Team-Nachfolgen mit einigen der speziellen Anforderungen einer Unternehmensübernahme zusammenhängen, während gleichzeitig generelle Herausforderungen, wie sie auch bei Start-Ups bestehen, im Rahmen von Nachfolgen bisher einen geringeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Übernehmendenseite haben. Bspw. könnte das höhere Alter und die häufig andere Lebensphase bei Übernehmenden eine wesentliche Rolle spielen. Ebenso könnte der Umstand, dass häufig Führungskräfte die Rolle der Nachfolger/innen übernehmen, zu einer Tendenz zu Solo-Nachfolgen führen, während bei Start-Ups die Gründer/innen häufig über noch keine oder keine ausgeprägte Führungserfahrung verfügen.
Nachfolgemonitor 2020: Übernehmende mehrheitlich aus wachsenden Landkreisen
Um noch besser zu verstehen, welche Faktoren sich förderlich für die Gewinnung von Übernehmenden auswirken, haben wir im Nachfolgemonitor 2020 eine neue Analyse bzgl. der Herkunft der Übernehmenden durchgeführt. Untersucht wurde hierfür das Wachstum des Landkreises, aus dem die Übernehmenden stammen. Das Kriterium „Wachstum“ ist dabei komplex aus mehreren Indikatoren zusammengesetzt, eine genauere Erläuterung finden Sie im auf S. 40 des Nachfolgemonitors 2020.
Nicht vollkommen unerwartet, in seiner Deutlichkeit jedoch sehr überraschend war das Ergebnis dieser Analyse: über 80% der Übernehmenden stammen aus wachsenden oder sogar stark wachsenden Landkreisen. Für eher schrumpfende Landkreise ist das wohl keine gute Nachricht, denn es scheint, als könnten sie die Nachfolge in ihrer Region nicht „aus eigener Kraft“ bewerkstelligen. Da auch nur ein gewisser Teil an Übernahmen Landkreis- oder gar Bundeslandübergreifend passiert, erscheint die aktive Suche an Ansprache von Käuferinnen und Käufern für Unternehmen in diesen Kreisen umso wichtiger.
Zusammenfassung vom Nachfolgemonitor 2020
Es lässt sich festhalten, dass sich 2019 die Situation am Nachfolgemarkt nicht verbessert hat. Die die Anzahl der Nachfolgen stagniert trotz steigenden Bedarfs, die Übergebenden sind in der Folge älter als in den Jahren zuvor.
Im zweiten Teil des Beitrags gehen wir dann auch die Entwicklung der Unternehmen vor und nach der Nachfolge ein – und damit verbunden mit der Bedeutung von Unternehmensnachfolgen für die Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftssystems.