Nachfolgemonitor 2020: Nachfolgen verlaufen erfolgreich
Mit diesem zweiten Blogbeitrag zum Nachfolgemonitor möchte ich Ihnen gerne in aller Kürze einige Einblicke in die Schwerpunkte geben, die wir bei unserer Präsentation Ende September gesetzt haben. Nachdem wir im ersten Teil dieses Beitrags bereits über Übernehmende und Übergebende gesprochen haben, wollen wir uns jetzt näher mit den Unternehmen und den Transaktionen auseinandersetzen. Und auch auf das diesjährige Special – die ökonomische Nachhaltigkeit von Nachfolgen – wagen wir einen kurzen Blick.
Nachfolgemonitor 2020: Die Unternehmensnachfolge aus Sicht der Unternehmen
Auch, wenn es nicht ganz leicht ist, voneinander zu trennen, was eher dem Übergebenden und was eher dem Unternehmen selbst zuzurechnen ist, wollen wir dennoch einen Versuch wagen. Ein Beispiel ist der berühmte Investitionsstau – natürlich lässt dieser sich an den Unternehmenszahlen festmachen, aber er entsteht durch eine Entscheidung oder vielmehr das Entscheidungsverhalten des Übergebenden über mehrere Jahre hinweg. Wir haben uns entschieden, diese Größen, die direkt am Unternehmen gemessen werden können, auch primär diesem Untersuchungsobjekt zuzuordnen.
Investitionsstau
Und da sind wir gleich beim Thema. Über 40% der Unternehmen hatten im Jahr der Übergabe ein Anlagevermögen, dass niedriger war als noch drei Jahre zuvor. Für viele Käufer ist ein solcher Rückgang in der Substanz des Unternehmens ein negatives Signal, ist doch die Investition stets auch ein Zeichen, dass der Unternehmer selbst an die Zukunft seines Unternehmens glaubt – oder eben auch nicht. Außerdem sind Investitionen auch meist eng verbunden mit der Innovationsfähigkeit, ohne neue Maschinen können auch keine Verfahren eingesetzt werden, die derartige Maschinen benötigen.
Lässt sich ein Kaufinteressent durch einen Investitionsstau partout nicht abschrecken, dann besteht er in aller Regel doch auf einen Abschlag vom Preis, nicht zuletzt auch durch die Grenzen der Finanzierbarkeit getrieben. Mit anderen Worten: Der Übergebende zahlt durch den Verzicht auf einen Teil des Kaufpreises die Investition, allerdings ohne selbst noch etwas davon zu haben.
Bei mehr als einem Drittel der Unternehmen sieht es aber auch ganz anders aus, dort ist das Anlagevermögen mehr als dreimal so groß wie drei Jahre vor Übergabe. Bei genauerer Betrachtung (vgl. Abb. 47 im Nachfolgemonitor 2020) lässt sich erkennen, dass seit 2013 immerhin immer mindestens die Hälfte der Unternehmen das Anlagevermögen in den Jahren vor der Übergabe halten konnten.
Umsatzrückgang
Deutlicher als bei Anlagevermögen lässt sich die nachteilige Entwicklung in den Jahren vor der Übergabe am Umsatz ablesen. Bei ca. 53% der Unternehmen sinkt der Umsatz, ebenfalls um 53% der Unternehmen bewegen sich in einem Korridor um das alte Niveau. Hier wird für potenzielle Käufer schnell deutlich, dass bei vielen Unternehmen „die Luft raus ist“. Das ist für eine Verkaufssituation natürlich nicht unbedingt vorteilhaft, denn ein Zweifel an der Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens veranlasst Interessenten sehr schnell dazu, sich weiter umzuschauen.
Sinkendes EBIT
Das EBIT zeigt noch einmal stärker als Investitionsverhalten und Umsatzentwicklung die negative Entwicklung vieler Unternehmen vor der Übergabe: Bei ca. 56% der Unternehmen ging das EBIT in den letzten drei Jahren zurück. Bedenkt man, dass der Erwerber einer Unternehmung im Prinzip nur die künftigen Gewinne kauft, und ferner, dass im Mittelstand sehr häufig mit Multiples und auf Basis der Werte der letzten (statt der nächsten) Jahre gearbeitet wird, so ist der daraus resultierende geringere Kaufpreis noch das geringste Problem der Übergebenden.
Insgesamt scheint es sich also zu bestätigen, dass sich ungefähr die Hälfte aller Unternehmerinnen und Unternehmer nicht gut auf eine anstehende Transaktion vorbereitet haben. Dadurch verschenken Sie im besten Fall nur bares Geld, weil der Kaufpreis niedriger ausfällt als nötig, im schlechtesten Fall führt die Entwicklung der Unternehmung dazu, dass sich kein/e Übernehmer/in findet und die Firma deshalb schließen muss.
Nachfolgemonitor 2020
Details zu Transaktionen aus dem Nachfolgemonitor 2020
Im Mittelpunkt der Transaktion steht für viele der Kaufpreis. Mit dem Nachfolgemonitor sind wir in der Lage, die in der Praxis sehr beliebten und häufig angewendeten EBIT- und Umsatz- Multiplikatoren zu ermitteln, und das differenziert nach Branche, Größenklasse, Region, aber auch nach Alter, Geschlecht, Region und der Entwicklung von Umsatz, EBIT, Anlagevermögen etc. vor der Nachfolge. Damit betreten wir mit den Nachfolgemonitor-Multiples ein ganz neue Ebene der Qualität, denn die bisher am Markt verwendeten Multiples sind häufig nicht mehr als Schätzungen aus Befragungen, oder es sind Börsenmultiples, die auf mittelständische Unternehmen per se kaum anwendbar sind, allein wegen der vollkommen unterschiedlichen Ausgestaltung der Fungibilität der Anteile und der Unternehmensgröße.
Die Veröffentlichung für die Nachfolgemonitor-Multiples ist gerade noch in Vorbereitung, deshalb darf ich Ihnen hier noch nicht allzu viel dazu verraten. Sobald die Multiplikatoren veröffentlicht werden, benachrichtigen wir Sie aber natürlich gerne, schicken Sie uns dafür einfach eine kurze E-Mail an nachfolgemonitor-multiples@intagus.de mit dem Betreff „Nachfolgemonitor-Multiples“ (weiter brauchen Sie nichts schreiben, wir nehmen Sie dann für diesen Zweck in unseren Verteiler auf).
Was ich aber schon verraten kann: Viele Übergebende haben nicht genug im Blick, dass die Übernehmenden den Kaufpreis i.d.R. über eine Bank finanzieren müssen, und dass deshalb letztendlich die Bereitschaft der Bank zur Gewährung eines Darlehens die maximale Höhe des Kaufpreises bestimmt. Aber selbst wenn das klar ist, wird häufig übersehen, dass das Darlehen der Bank nicht nur für den Unternehmenskaufpreis alleine verwendet werden kann, sondern von ihm auch etwaige Immobilien und Investitionen finanziert werden müssen. Im Nachfolgemonitor haben wir gesehen, dass erhebliche Teile der Finanzierungssummen nicht den Übergebenden als Gegenleistung für die Übertragung der Unternehmung zufließen. Die zwei I’s drücken daher auf den Kaufpreis: Immobilien und Investitionsstau. Effektiv heißt das, dass der Kaufpreis vielfach deutlich niedriger gewesen sein dürfte, als ursprünglich durch eine vereinfachte Multiple-Berechnung vom Übergebenden erhofft.
Aber auch eine gute Nachricht gab es beim Nachfolgemonitor zu verkünden: Nachfolgen verlaufen sehr oft erfolgreich! So gelingt es rund einem Drittel der Übernehmenden, den Umsatz – zum Teil sogar sehr deutlich – zu steigern, und selbst das durch die Nachholung von Investitionen und oftmals erhöhten Ausgaben für Marketing und IT belastete EBIT steigt bei über 40% der Unternehmen. Da die Sorge vieler Unternehmer/innen, dass die Firma nicht in gute Hände kommt, mit zu der späten und oft nur zögerlichen Vorbereitung der Nachfolge führt, ermutigen diese positiven Ergebnisse vielleicht einige Übergebende.
Die Branchen unterscheiden sich durchaus darin, wie stark die Umsätze durch die Übernehmenden gesteigert werden konnten. Im Vergleich des Umsatzes zwei Jahre nach der Übergabe zu zwei Jahren davor konnte eine Verdopplung – im Durchschnitt! – bei Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens beobachtet (übrigens der Wirtschaftszweig mit dem zweithöchsten Anteil an Übernehmerinnen), sogar um den Faktor 2,7 sind die Umsätze bei sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen angestiegen.
Ökonomische Nachhaltigkeit von Unternehmensnachfolgen
Neben der aktuellen Krise ist nach wie vor die Nachhaltigkeit eines der zentralen Themen in der öffentlichen Diskussion. Im Nachfolgemonitor 2020 sind wir deshalb auch der Frage nachgegangen, wie nachhaltig denn eigentlich Nachfolgen sind.
Wie Sie sicher wissen, wird Nachhaltigkeit gem. dem Triple-Bottom-Line-Ansatz regelmäßig durch die drei Säulen ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit definiert.
Der Nachfolgemonitor basiert im Kern auf den Daten, den die Bürgschaftsbanken im Rahmen ihrer Unterstützung von Übernehmenden erfassen – das sind in erster Linie Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie über die Mittelherkunft und die Mittelverwendung im Rahmen der Finanzierung. Es lassen sich daher hauptsächlich Aussagen über die ökonomische Nachhaltigkeit treffen; allerdings bewirken sich Nachfolgen den Erhalt von Arbeitsplätzen, was zum Feld der sozialen Nachhaltigkeit zu zählen ist, sowohl im direkten Bezug auf die Arbeitnehmer/innen als auch in direkt auf die Landkreise und Kommunen.
Gerade mit Blick auf die betroffenen Gemeinden ist hier ein Aspekt sehr interessant: Während Start Ups sich besonders gerne in den Hotspots – Berlin, Hamburg, München – ansiedeln, wo sie eine auf sie eingestellte Infrastruktur vorfinden, finden Nachfolgen noch überproportional häufig in den weniger zentralen Lagen statt. Für diese Regionen sind erfolgreich verlaufende Nachfolgen deshalb umso wichtiger.
Wenn Sie zur Nachhaltigkeit von Nachfolgen noch etwas mehr lesen wollen, dann schauen Sie sich gerne auch meinen Beitrag im Nachfolgemonitor-Blog zum Thema Nachhaltigkeit von Nachfolgen an.
Zusammenfassung: Teil 2 Nachfolgemonitor 2020
Wie wir gesehen haben, stagnierte der Nachfolgemarkt 2019 im Wesentlichen. Jetzt, im Corona-Jahr 2020, dürfte die Situation für viele Unternehmen, die eigentlich die Umsetzung einer Nachfolge geplant hatten, ungleich schwieriger geworden sein; wenigstens in den Branchen, die nicht von der Pandemie profitieren. Der nächste Nachfolgemonitor 2021 wird uns hierüber sicher Aufschluss geben – lassen Sie uns hoffen, dass die Folgen für die mittelständische Wirtschaft nicht so schwerwiegend sein werden, wie wir es im ersten Halbjahr befürchten mussten.