Insolvenzgefahr: Wo Schatten ist, ist auch Licht.
Was ist eigentlich aus der befürchteten „Pleitewelle“ geworden die unter anderen Christian Miele, Präsident des Bundesverband Deutsche Startups, noch im vergangenen Jahr prognostiziert hatte? Und welche Rettungsmöglichkeiten gibt es für in Not geratene Unternehmen?
Hätten die Schwarzmaler recht, müsste gerade in Berlin, der Hauptstadt der deutschen Startups, deren finanzielle Ausstattung oftmals ohnehin gerade die laufenden Kosten deckt, die Zahl der Insolvenzen geradezu durch die Decke gehen.
Tatsächlich traf es im vergangenen Jahr auch einige Startups, wie „Maister“, welches durch eine österreichische Startup-Show bekannt wurde.
Allerdings ging die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im vergangenen Jahr sogar deutlich zurück. Die Creditreform Wirtschaftsforschung verzeichnete einen Rückgang um 13,4 Prozent auf 16.300 Fälle (2019: 18.830). Das ist der niedrigste Stand der letzten 20 Jahre.
Im Januar sprach ich mit einem Berliner Insolvenzverwalter auch über dieses Thema. Er schätzte die Lage ebenso ein und glaubte nicht an eine drohende Insolvenzwelle.
Doch wie immer steckt der Teufel im Detail.
Hilfe qua Gesetz
Zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie hatte die Bundesregierung zahlreiche Hilfsmaßnahmen für Unternehmen beschlossen und sogar die Insolvenzantragspflicht mehrere Monate lang ausgesetzt. Dazu sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform: „Im laufenden Jahr (2020) hat sich das Insolvenzgeschehen als Seismograph für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vom wirklichen Zustand der deutschen Unternehmen entkoppelt.“ Laut Creditreform gab es durch die Aussetzung spürbar weniger Insolvenzmeldungen bei kleinen Betrieben, dafür aber einen deutlichen Anstieg bei größeren Unternehmen. Trotz der geringeren Anzahl an Insolvenzen haben sich daher die Schäden für die Gläubiger von insolventen Unternehmen im vergangenen Jahr deutlich erhöht. So summierten sich die offenen Forderungen auf schätzungsweise 34 Mrd. Euro – nach 23,5 Mrd. Euro in 2019. Pro Insolvenzfall muss im Durchschnitt voraussichtlich die Rekordsumme von gut 2 Mio. Euro an Forderungsverlusten abgeschrieben werden. Von der Insolvenz betroffen waren zudem insgesamt rund 332.000 Arbeitnehmer; eine deutlich höhere Zahl als im Vorjahr (2019: 218.000 Arbeitnehmer).
Nachdem die Insolvenzanzeigepflicht bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ab dem 3. Mai 2021 wieder in Kraft ist, dürften die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und ein Ende der Eindämmungsmaßnahmen die Insolvenzen in diesem Jahr insgesamt wieder steigen lassen.
Aktuell liegen belastbare Zahlen liegen noch nicht vor. Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) erwartet, dass die Zahl der Insolvenzen von in der Vergangenheit circa 4.500 pro Quartal ab nächstem Jahr auf dann 6.000 bis 7.000 pro Vierteljahr in die Höhe schnellt
Insolvenzgefahr: Was tun, wenn es brennt?
Doch was sollen Unternehmer tun, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten?
Zunächst einmal gilt es schnell zu handeln. Viele Unternehmer und angestellte Geschäftsführer warten erst einmal ab, in der Hoffnung, dass sich alles wieder ein wenig erholt. Oft tut es das auch. Vorübergehend.
In den Jahren, die ich in der „Insolvenzbranche“ tätig war, habe ich diese Verläufe oft genug retrospektiv beobachtet und analysiert. In den meisten Fällen stellte ich dabei fest, dass die Zahlungsunfähigkeit erstmals schon vor über zwei, durchaus aber auch mal vor über sechs Jahren vorgelegen hat. Danach glichen die wirtschaftlichen Entwicklungen einer Berg- und Talbahn und nicht selten sahen sich die Geschäftsführer sich dann mit dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung und einer finanziell nicht unerheblichen Durchgriffshaftung auf das private Vermögen konfrontiert.
Doch ein angeschlagenes Unternehmen steht oft vor verschlossenen Türen. Kreditinstitute helfen in brenzligen Situationen oft nur noch in sehr begrenztem Umfang aus und tun dies häufig nur im Gegenzug umfassender privater Besicherungen der Unternehmer selbst (bspw. durch die Besicherung privater Immobilien).
Eine gewisse rechtliche Erleichterung schafft das am 1. Januar 2021 in Kraft getretene neue Gesetz zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) für Unternehmen. Es ermöglicht eine präventive Restrukturierung außerhalb und vor einer Insolvenz und stellt den Kern des neuen Sanierungs– und Restrukturierungsgesetzes SanInsFoG dar. Eine Voraussetzung für die Anwendung ist, dass die Fortführung des Unternehmens erfolgreich möglich erscheint. In der Sache verbleibt aber natürlich die Frage, wie das Unternehmen den Turnaround bewerkstelligen kann.
Partnerschaft statt Schuldenberg - bei Insolvenzgefahr
Eine Option, die viele Unternehmer dabei meist nicht sehen, ist die Hilfe durch professionelle Investoren.
In meinem beruflichen Alltag stehe ich regelmäßig mit unterschiedlichsten Investoren in Kontakt und ihre Zahl scheint in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegen zu sein. Dabei haben die einzelnen Investoren oder Investorengruppen ganz unterschiedliche Investitionskriterien.
Einige wollen Unternehmen grundsätzlich nur vollständig übernehmen und das neue Investment schnellstmöglich in eine vorhandene Holdingstruktur integrieren. Den alten Inhabern wird somit das Heft aus der Hand genommen.
Doch es gibt auch Investoren, die anders vorgehen. Immer mehr Investoren, mit denen ich spreche, suchen nach Unternehmern, die noch über Jahre an Bord bleiben und die Zukunft ihres Unternehmens weiterhin aktiv mitgestalten wollen. Zunächst operativ, später nur noch in beratender Funktion. Die Unternehmen bleiben dabei zunächst wie sie sind, und die alten Inhaber verkaufen im ersten Schritt nur einen geringeren Teil ihrer Unternehmensanteile an den Investor. Dieser unterstützt das Unternehmen dann mit finanziellen Mitteln und umfassendem Knowhow sowie Kontakten. Ziel ist natürlich, das Unternehmen wachsen und profitabler werden zu lassen, aber auch Synergieeffekte innerhalb des Investorenportfolios zu generieren.
Noch immer haben viele dieser Investoren mit dem Image der „Heuschrecken“ zu kämpfen und natürlich gibt es diese auch heute noch. Doch der Großteil der Investoren hat die Zeichen der Zeit erkannt und agiert mit wesentlich mehr Weitblick.
Als M&A-Spezialist berate ich Sie gern dazu, stelle Kontakt zu geeigneten Kandidaten her und helfe Ihnen bei der Vorbereitung und Durchführung des gesamten Investmentprozesses.
Sprechen Sie mich gern an.
René Kminikowski
Hinweis: Diese Informationen enthalten keine rechtliche oder steuerrechtliche Beratung und können eine solche auch nicht ersetzen. Falls Sie weitergehende rechtliche oder steuerrechtliche Beratung benötigen, empfehlen wir auf Wunsch gern geeignete Ansprechpartner.