Mit Haftungsrisiken im Mittelstand ist nicht zu spaßen

Haftungsrisiken Mittelstand: Vorab analysieren

„Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden“, heißt es im GmbH-Gesetz. Wer dagegen verstößt, setzt sich weitreichenden Haftungsrisiken aus. Zwar können Unternehmer keine Vollkaskoversicherung abschließen, aber es gilt dennoch, typische Risiken zu analysieren und Mittel und Wege zu finden, dass daraus gerade keine Haftungsforderungen entstehen können. Erfahren Sie jetzt mehr zu Haftungsrisiken im Mittelstand!

Von Dr. Guido Krüger, Rechtsanwalt, Partner, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft

Haftungsrisiken im Mittelstand beachten

Unternehmer sind mutig, entscheidungsfreudig und gewohnt, auch einmal Risiken einzugehen – sonst hätten sie sich wohl kaum für den Weg an die Unternehmensspitze entschieden. Denn dies ist immer mit gewissen Risiken persönlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Natur verbunden, die man nicht zwangsläufig kalkulieren und ausschließen kann. Eine Vollkaskoversicherung gegen alle Unbill dieser (Wirtschafts-)Welt können Unternehmer nicht abschließen!

Wichtig ist aber, bestimmte, typische Risiken der unternehmerischen Aktivität genau zu analysieren und sich damit zu befassen, welche Konsequenzen tatsächlich entstehen können, wenn einmal ein Fehler passiert. Im Fokus steht dabei die persönliche Haftung des Unternehmers. Besonders im Mittelstand wächst laut dem D&O-Spezialversicherer Howden Germany die Anzahl der Geschäftsführer, die nach Fehlentscheidungen im Beruf ihr Vermögen an ihr Unternehmen oder Dritte verlieren. Die Durchgriffshaftung, also die Inanspruchnahme mit dem Privatvermögen, hat mittelständische Unternehmer schon in die Privatinsolvenz geführt.

Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden

Im GmbH-Gesetz (GmbHG) heißt es: „Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.“ Diese Pflichten des ordentlichen Kaufmanns sind unter anderem in §§ 17, 48 bis 58, 238ff. Handelsgesetzbuch geregelt.

Ein Beispiel: „Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.“

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Geschäftsführer trifft grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast bei Haftungsrisiken im Mittelstand

Die persönliche Haftung bezieht sich aber nicht nur auf Fälle absichtlicher (oder sogar strafrechtlich relevanter) Verstöße gegen die Pflichten des ordentlichen Kaufmanns wie Insolvenzverschleppung, Untreue oder Vorteilsnahme. Sondern es werden Haftungsrisiken auch dann Tür und Tor geöffnet, wenn es sich um Ereignisse des alltäglichen Geschäftsbetriebs handelt. Ein Beispiel dafür ist ein Arbeitsunfall, wie er täglich passieren kann. Nach einem schweren Arbeitsunfall muss ein Geschäftsführer zunächst nachweisen, als Geschäftsführer und damit Verantwortlicher keine Pflichtverletzung begangen zu haben, wodurch der Schaden erst habe entstehen können. Hierbei kann es, wie die Erfahrung zeigt, schnell um eine Forderung in sechsstelliger Höhe gehen, die sich der Geschäftsführer persönlich ausgesetzt fühlt. Das kann das Privatvermögen schnell erheblich schädigen.

Vor allem zeigt das Beispiel, das sich in der Praxis so zugetragen hat, deutlich: Auch wenn es sich bei einem Arbeitsunfall um ein unkalkulierbares Risiko handelt und der Geschäftsführer keinen mittelbaren Einfluss auf das Unfallgeschehen hat, verdeutlicht allein die im Raum stehende Haftungsforderung das hohe und oftmals nicht erkennbare Risiko eines Organs. Ein Geschäftsführer haftet auch für Nachteile von Dritten. Umso problematischer dabei ist, dass den Geschäftsführer grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast trifft. Das bedeutet, dass sie der Nachweispflicht erfüllen müssen, dass sie ihren Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen sind. Dass das nicht immer einfach sein wird, erklärt sich dabei von selbst.

Generelle Haftung von GmbH-Geschäftsführer-Gesellschaftern möglich

Ein wesentlicher Trugschluss ist eine generelle Haftung von GmbH-Geschäftsführer-Gesellschaftern. Die Aussage „Ich habe doch eine GmbH, was soll mir schon passieren!“ hört man zwar gerade bei mittelständischen Unternehmern immer wieder, aber genauso oft ist sie auch falsch. Ein umfassender Haftungsausschluss ist durch die Gründung einer GmbH nicht gewährleistet. Denn unter gewissen Umständen können sich weder Gesellschafter noch Geschäftsführer-Gesellschafter auf diese Rechtsform berufen und eine vollständige Haftungsfreistellung erreichen. Sie müssen wie der angestellte Geschäftsführer die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ walten lassen und können sich in der Doppelfunktion nicht auf die lediglich für die Gesellschaft geltende beschränkte Haftung berufen.

Freilich, eine Binnenhaftung wird in solchen Konstellationen kaum zum Tragen kommen, da sich ein Gesellschafter-Geschäftsführer nicht selbst in Regress nehmen wird. Aber alle Ereignisse, die Geschäftspartner oder auch öffentliche Institutionen berühren, bergen grundsätzlich auch für GmbH-Geschäftsführer-Gesellschafter ein relevantes Sicherheitsrisiko. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der GmbH-Gesellschafter derart Einfluss auf die Gesellschaft nimmt, dass dies zur Zahlungsunfähigkeit führt, etwa durch Entnahmen oder durch übermäßig riskante Geschäfte. Dann ist der Pflicht zum sorgfältigen Umgang mit dem Gesellschaftsvermögen nicht nachgekommen und kann von Dritten, die dadurch geschädigt worden sind, in Haftung genommen werden.

Es ist also dringend dazu geraten, dass GmbH-Geschäftsführer-Gesellschafter sich laufend mit den rechtlichen Regelungen auseinandersetzen und in zweifelhaften Fällen einen Experten zu Rate ziehen – gerade direkt nach der Unternehmensnachfolge bzw. Übernahme eines Betriebs und möglicherweise fehlender Erfahrung mit der Unternehmensführung kann das sehr sinnvoll sein. In der Regel könnten gesellschaftsrechtlich versierte Rechtsanwälte Sachverhalte zügig aufklären und Entscheidungen absichern. Es kommt eben darauf an, wie man das Unternehmen und Entscheidungsprozesse strukturiert und Risiken managt.

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Autor
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Partner | BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Dr. Guido Krüger, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, ist Partner der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt und Mitglied des weltweiten Leitungsausschusses. Er berät Familienunternehmen bei sämtlichen steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und begleitet Familienunternehmer dabei, wirksame Modell für den privaten Vermögensschutz und die langfristige Entwicklung des Privatvermögens zu entwickeln. Mehr Informationen unter www.beiten-burkhardt.com.
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